Salomonssiegel
Polygonatum multiflorum All

Auffallend am Salomonssiegel (Polygonatum multiflorum All.) ist die Hauptrippe, die sich unter der Blätter- und Blütenlast zu krümmen scheint. Entgegen vieler anderen Waldpflanzen steigt sein Stängel nicht aufrecht dem Licht entgegen, sondern richtet sich kurz über dem Boden seitwärts fast waagrecht ab. In diesem abgewinkelten Abschnitt bildet die Pflanze in zwei Reihen eirunde, spitz auslaufende Blätter. Aus ihren Achseln erscheinen dann im Frühling (April – Mai) an dünnen Stielchen mehrere weisse, röhrenartige Blüten mit grünem Saum, die eine nach der anderen herunterhängen.

Durch ihren Honigduft werden Hummeln angelockt, welche mit ihrem gedrungenen Leib an den Glöckchen herumturnen, bis es ihnen endlich gelingt, mit dem Rüssel an das Nektartröpfchen in der Tiefe vorzudringen. Nach der Befruchtung der Blüte reifen dann bis zum Herbst kugelrunde, rabenschwarze. giftige Beeren.
Signatur
Erstaunlich ist, dass der horizontal hängende Stängel unter der Blätter-, Blüten- als auch gewichtigen Beerenlast selbst nach längeren Sturm- und Regentagen nicht zusammenbricht. Bis in den Winter hinein bleibt der Schaft uneingeschränkt seitlich ausgestreckt bestehen und vermittelt in seinem Erscheinungsbild eine enorme stabilisierende Tragkraft. In der Tat ist der Stängel des Salomonssiegels mit einem ausgeprägten, elastischen Fasernetz ausgebildet, das sich mit menschlichen Sehnen und Bändern vergleichen lässt.

Betrachtet man die Stängel mit der Lupe, lassen sich die nach unten angespannt verlaufenden, pflanzlichen Fasern ganz deutlich erkennen. Ihre Fähigkeit zur kompensierenden Elastizität scheint die Pflanze auf den Menschen zu übertragen, insbesondere wenn die Sehnen und Bänder des Bewegungsapparates sich zu lockern, erschlaffen, überdehnen aber auch zu überspannen beginnen, was als Signatur gedeutet werden kann.
Sehnen und Bänder
Bänder und Sehnen werden dem straffen Bindegewebe zugeordnet. Sie bestehen aus kollagenen Fasern mit hoher Zug- und Entlastungsfähigkeiten. Der menschliche Körper besitzt insgesamt 214 Sehnen; ferner 114 Bänder, 26 Knochen und 33 Gelenke.
Mit ihrer Hilfe werden die unterschiedlichen Teile des menschlichen Stütz- und Bewegungsapparates wie Knochen , Muskeln und Gelenke verbunden und in der richtigen Stellung gehalten. Sie sorgen ausserdem dafür, dass die Bewegungsabläufe naturgemäss stattfinden.
Die Bänder (Ligamentum) verbinden zwei Knochen eines Gelenkes und geben ihm dadurch Halt. Die Sehnen (Tendo) hingegen verbinden Muskeln und Knochen und sind für die Bewegungsabläufe zuständig. Das Salomonssiegel ist eine der wenigen Pflanzen, das die Eigenschaft besitzt, die Knochen zu richten und an den richtigen Platz zu bringen, sowie die Spannkraft der Gelenke zu stabilisieren.
Blütenessenz für Sehnen und Bänder
Bei Lockerung, Erschlaffung, Kraftlosigkeit, Schlappheit. Dezentralisation aber auch Überdehnung, Anspannung, Überlastung, Überanstrengung, Überforderung, Straffung, Strapaze, Zerrung oder Verklebung (Adhäsion) des Bänder- oder Sehnenapparates empfiehlt sich das Salomonssiegel als ausgleichendes, konsolidierendes, nivellierendes und regenerierendes Mittel, Gleiches gilt bei entsprechender Verletzung (Schnitt, Prellung, Stoss, Stich), als auch bei Bänder- oder Sehnenriss (angerissene Bänder oder Kreuzbandriss) sowie bei Bänder- oder Sehnenüberdehnung (z.B. des Sprung- Knie- oder Schultergelenkes), Auch bei Luxation von Gelenken und Instabilität der Bänder oder Sehnen mit Ausrenkung der Gelenke (Knöchel, Knie, Schulter) ist das Salomonssiegel ein nicht unterschätzbares Mittel, ganz besonders bei Übertreten des Knöchels.
Des weiteren empfiehlt sich das Salomonssiegel bei Beschwerden von Sehnen oder Bänder nach einer Verstauchung, ausserdem bei Schnellfinger, auch Schnappfinger oder Triggerfinger genannt, sowie bei Dupuytren- Kontraktion mit Knoten und angezogenen Strängen unter der Hohlhaut, insbesondere an Ringfinger oder Daumen. Letztlich wird es auch bei Überbein (Ganglion) meist am Handgelenk (manchmal auch am Fuss, Knie oder Finger), quasi als Knuppel, d.h. als eine flüssigkeitsgefüllte Aussackung einer Gelenk- oder Sehnenumhüllung eingesetzt.
Sehr wichtig ist der Einsatz der Pflanze bei Bänderbeschwerden der Ligamentum platella, welche die Kniescheibe (Platella) mit der Tibia verbindet sowie der Ligamentum cruciatum anterius und posterius, die das vordere und hintere Kreuzband betreffen.
Neuerdings wird das Salomonssiegel mit Vorteil bei überzüchteten Hunden verordnet, um bei ihnen die Anfälligkeit von Kreuzbandrissen (meist an den Hinterbeinen) zu verhindern.
Zur Beachtung; Bei entzündeten Sehnen oder Bändern wie Tennisarm(Epicondylitis), Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis) oder Schleimbeutelentzündung (Bursitis) ist als heilendes Mittel nicht das Salomonssiegel, sondern die Weinraute (Ruta graveolens) indiziert.
Salomonssiegel für die Befindlichkeit
Das feinstoffliche Potenzial der Salomonssiegelblüte besitzt auch auf die Psyche des Menschen eine einzigartige Wirkung. Es fördert die Fähigkeit, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden und hilft, sich von Belanglosem, Nebensächlichem und Nichtssagendem zu distanzieren. Sie vermittelt Klarheit für das Elementare und Faktische. Die Blütenessenz empfiehlt sich auch für Meditierende, die sich in der Kontemplation von belanglosen Gedanken und störendem »Geplapper des Geistes« befreien möchten.
Salomonssiegel

Das 30 bis 50 cm hohe Salomonssiegel (früher Liliengewächs / Liliacea – heute Spargelgewächs / Asparagacea) verdankt den Namen seinem unterirdisch horizontal verlaufenden Wurzelstock, der jedes Jahr nach dem Absterben des oberirdischen Stängels eine auffallende, runde Narbe hinterlässt, die dem Abdruck eines Siegels, laut Volksmund dem Siegel vom biblischen König Salomon ähnelt..
Der botanische Gattungsname Polygonatum setzt sich zusammen aus den griechischen Wörtern polýs (»viel«) und góny (»Knie«) wegen der zahlreichen knotigen Anschwellungen des Wurzelstocks; multiflorum heißt auf Latein so viel wie »vielblütig«.
Als Volksnamen sind: Weißwurz, Spring-, Schminkwurzel, Hühneraugenwurz, Wilde Zanken, Mariensiegel, Ägerstenkrut und Jungfernschön bekannt. .
Verwandte Arten sind: Wohlduftendes Salomonssiegel (Polygonatum odoratum/officinale), Quirlblättriges Salomonssiegel (Polygonatum verticillatum All.).
In der Wurzel sind Glykoside als Glykokinine, ferner Chelidonsäure, Azetidin-2-Karbonsäure, Steroidsaponin, Schleim, Gerbstoff und Kalziumoxalat vorhanden.
In der Antike beschäftigten sich Dioskurides wie auch Plinius secundus mit dem Salomonssiegel und empfahlen den Wurzelsaft gegen Gesichtsflecken und zur Wundbehandlung. Im 17. und 18. Jahrhundert zählte Polygonatum zu den offiziellen pflanzlichen Heilmitteln, die in den diversen Pharmakopöen erwähnt wurden, zum Beispiel als »Sigillum Sanctae Mariae«. Später geriet die Heilpflanze in Vergessenheit und fand nur noch selten in heilpflanzlichen Literaturen Aufnahme.